Aktiv und Passiv in wissenschaftlichen Arbeiten

13.10.22 Grammatik Lesedauer: 7min

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Aktiv-Passiv-Definition

Das Genus Verbi gibt an, ob ein Satz im Aktiv oder im Passiv steht. Es ermöglicht, den sprachlichen Fokus auf das handelnde Subjekt oder auf die sich vollziehende Handlung zu richten. Dieser Beitrag vermittelt ein Grundverständnis davon, wie das Genus Verbi in der deutschen Sprache funktioniert, welche Wirkung Aktiv- oder Passivsätze erzeugen und wie du sie in einer wissenschaftlichen Arbeit zielgerichtet verwendest.

Aktiv und Passiv «einfach erklärt»

Das Aktiv stellt das Subjekt des Satzes in den Vordergrund. Das Passiv stellt die Handlung des Subjekts in den Vordergrund. Dadurch kann mithilfe des Passivs der Fokus auf die beschriebene Handlung gelegt werden.

Definition: Aktiv und Passiv

Die deutsche Sprache kann Verben in aktiver und in passiver Form ausdrücken. Die aktive Verbform (respektive der Satz im Aktiv) fokussiert das handelnde Subjekt, das eine unbestimmte oder auf ein Objekt ausgerichtete Tätigkeit durchführt. Die passive Verbform fokussiert hingegen die Tätigkeit, die das Subjekt vollzieht oder erleidet. Die Kategorie, innerhalb derer ein Verb im Aktiv oder Passiv stehen kann, wird als Genus Verbi bezeichnet. Während aktive Sätze von vielen Lesern als angenehmer Stil empfunden werden, ermöglichen Passivkonstruktionen, Vorgänge vom handelnden Subjekt zu lösen und ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken.

Aktiv Passiv Überblick

Welche Form wird wann verwendet?

Aktivkonstruktionen liefern der Reihe nach Aufschluss darüber, wer/was eine Handlung tätigt, was diese Handlung ist und gegebenenfalls, an wem sie vollzogen wird. Auf diese Weise erfüllen sie das Informationsbedürfnis, das Leser beim Rezipieren deutscher Sätze haben, in idealtypischer Reihenfolge. Es fällt den meisten Lesern leichter, sich auf ein Subjekt zu konzentrieren, das eine bestimmte Handlung vollzieht, anstatt die Handlung voranzustellen, die, wenn überhaupt, das Subjekt nur als Mittel zum Zweck verwendet. Dementsprechend sind aktive Sätze in der Alltagssprache verbreiteter und auch in der Schriftsprache ein probates Mittel, den Lesefluss stilsicher und angenehm zu gestalten.

Beispiel:

Manuel schreibt seine Abschlussarbeit.

Passivkonstruktionen ermöglichen dem Text hingegen, die Handlung ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Dabei verliert das Subjekt an Stellenwert, da es entweder dazu dient, die Handlung zu erleiden oder sie, zum Objekt degradiert, zu leisten. Passivsätze fordern den Leser zum Umdenken auf. Allerdings sind sie bisweilen notwendig, um die handelnde Entität auszuklammern und den Vorgang/die Handlung als unabhängigen (oder wichtigeren) Satzgegenstand hervorzuheben. Passivsätze wirken formaler und neutraler als ihr aktiver Gegenpart. Zudem kann das Passiv entweder als Vorgangspassiv oder als Zustandspassiv realisiert werden. Im Vorgangspassiv wird die Handlung vollzogen, im Zustandspassiv ist sie vollzogen (worden) und hat einen bestehenden Zustand herbeigeführt.1

Beispiel:

Vorgangspassiv:
Die Abschlussarbeit wird von Manuel geschrieben.

Zustandspassiv:
Die Abschlussarbeit ist von Manuel geschrieben.

So bildest du das Passiv

Das Passiv wird mit einer Form von «ist» (Zustandspassiv) oder «werden» (Vorgangspassiv) sowie der Partizip II-Form des Verbs gebildet. Das Partizip II besteht bei schwachen Verben aus dem Präfix {Ge-}, dem Wortstamm und der Endung {-t}. Bei starken und gemischten Verben kann sich der Wortstamm verändern oder die Endung abweichen.

Beispiel:

Aktiv:
Leon schreibt die Bachelorarbeit.

Passiv:
Die Bachelorarbeit wird von Leon geschrieben.

Aktiver und passiver Satzbau

Beim Umstellen einer Aktivphrase in eine Passivphrase wird das Subjekt zum Objekt und das Objekt zum Subjekt. Die Formen von «ist» und «werden» orientieren sich stets am (neuen) Subjekt der Passivphrase.
Modalverben (müssen, sollen, können etc.) ersetzen in Passivphrasen die geforderte Form von «ist» oder «werden». In diesem Fall steht zusätzlich ein ungebeugtes «werden» am Satzende.

Beispiel:

Aktiv:
Anna muss die Nachprüfung schaffen.

Passiv:
Die Nachprüfung muss von Anna geschafft werden.

Vermeidung von Man- und Ich-Formulierungen

Da Passivkonstruktionen die Handlung gegenüber dem handelnden Subjekt priorisieren, kannst du es in vielen Fällen ersatzlos streichen. Das ermöglicht dir, Man- und Ich-Formulierungen aus Aktivphrasen zu umgehen. Während Man-Formulierungen generell als schlechter Stil aufgefasst werden, scheiden sich bei Ich-Formulierungen die Geister. Viele Leitfäden empfehlen, in wissenschaftlichen Arbeiten auf ein «Ich» zu verzichten, um Objektivität zu suggerieren, während andere Forscher die Auffassung vertreten, das «Ich» mache lediglich transparent, dass der Text von einem Individuum verfasst wurde.

Beispiel:

Aktiv:
Ich werde im Rahmen dieser Arbeit die Theorie XY analysieren.
Passiv:
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Theorie XY analysiert.

Aktiv:
Man schreibt die Arbeit normalerweise innerhalb von 4 Wochen
Passiv:
Die Arbeit wird normalerweise innerhalb von 4 Wochen geschrieben.

Das unpersönliche Passiv

Verfügt eine Aktivphrase über kein Objekt, stellt sich die Frage, wie sich das Subjekt in der Passivphrase konstituiert. In diesem Fall greift das unpersönliche Passiv. Um es zu bilden, fügst du dem Satz ein «Es» hinzu, das die Rolle des Subjekts einnimmt. Dieses «Es» kann explizit oder implizit auftreten.

Beispiel:

Aktiv:
Man feiert hier gut.
Passiv:
Es wird hier gut gefeiert. (explizites Subjekt)
Passiv:
Hier wird gut gefeiert. (implizites Subjekt)

Das Passiv in unterschiedlichen Zeitformen

Da zur Bildung von Passivphrasen unveränderlich das Partizip II zum Einsatz kommt, wird die Zeitform am Hilfsverb “werden” oder sein “markiert”. Die folgende Tabelle liefert dir eine Übersicht anhand der 3. Person Singular.

Vorgangspassiv

Präsens:
Bildung mit “wird”
Die Arbeit wird gedruckt.

Präteritum:
Bildung mit “wurde”
Die Arbeit wurde gedruckt.

Perfekt:
Bildung mit “ist (…) worden”
Die Arbeit ist gedruckt worden.

Plusquamperfekt:
Bildung mit “war (…) worden”
Die Arbeit war gedruckt worden.

Futur I:
Bildung mit “wird (…) werden”
Die Arbeit wird gedruckt werden.

Futur II:
Bildung mit “wird (…) worden sein”
Die Arbeit wird gedruckt worden sein.

Zustandspassiv

Präsens:
Bildung mit “ist”
Die Arbeit ist gedruckt.

Präteritum:
Bildung mit “war”
Die Arbeit war gedruckt.

Perfekt:
Bildung mit “ist (…) worden”
Die Arbeit ist gedruckt worden.

Plusquamperfekt:
Bildung mit “war (…) gewesen”
Die Arbeit war gedruckt gewesen.

Futur I:
Bildung mit “wird (…) sein”
Die Arbeit wird gedruckt sein.

Futur II:
Bildung mit “wird (…) worden sein”
Die Arbeit wird gedruckt worden sein.

Diese Verben können nicht im Passiv stehen

Es gibt eine Reihe von Verben, die sich nicht in Passivkonstruktionen ausdrücken lassen. Oft hängt dies damit zusammen, dass sie bereits in aktiver Form einen passiven Bezug zur Handlung suggerieren. Allerdings verfügt die deutsche Sprache meist über alternative Formulierungen, die den gewünschten Effekt erzielen.

Beispiele für Verben, die keine Passivsätze bilden:2

Verben, die das Perfekt mit «ist» bilden:
Aktiv: Er ist gefallen.
Passiv: Er ist gefallen worden.

Manche feststehende Nomen-Verb-Verbindungen:
Aktiv: Lesen macht Spaß.
Passiv: Spaß wird vom Lesen gemacht.

Besitz- und wissensmarkierende Verben:
Aktiv: Julia besitzt die Musterlösung.
Passiv: Die Musterlösung wird von Julia besessen.

Reflexive Verben mit «sich», solange sie nicht ins unpersönliche Passiv ausweichen:
Aktiv: Julia interessiert sich nur für ihr Noten.
Passiv: Nur für ihre Noten wird sich von Julia interessiert.
Unpersönlicher Passivsatz: Es wird sich nur für die Noten interessiert.

Übungen zu Aktiv und Passiv

Du findest hier links Aktiv- und rechts Passivsätze, welche jeweils umgewandelt werden sollen. Die entsprechende Lösung findest du darunter im ausklappbaren Bereich.

Lösung der Übung

Ein gekühlter Energydrink wird von Julian getrunken.

Die Weltmeisterschaft 2014 wurde von Deutschland gewonnen.

Fangfrage: Wissensmarkierende Verben haben kein Passiv.

Die Ritter werden von König Artus zur Tafelrunde gerufen.

Fangfrage: Besitzanzeigende Verben haben keine Passivform.

Lösung der Übung

Schneewittchen aß den vergifteten Apfel.

Der Prinz küsste Schneewittchen.

Noch heute schürfen die Sieben Zwerge das Erz des Berges.

Alle Schüler lesen das Buch.

Viele Menschen befinden deutsche Grammatik für kompliziert.

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Häufig gestellte Fragen

Aktiv und Passiv sind die beiden möglichen Formen des Genus Verbi. Das Genus Verbi bestimmt, ob ein Satz grammatikalisch auf ein handelndes Subjekt oder auf die Handlung ausgerichtet ist, die am Subjekt vollzogen wird.

Das Aktiv fördert den Lesefluss, da es eindeutig vermittelt, dass ein nachvollziehbares Subjekt eine Handlung durchführt. Daher werden Aktiv-Phrasen von vielen Lesern als angenehm empfunden.

Aktivphrasen sind an ein handelndes Subjekt gebunden. Steht in einer wissenschaftlichen Arbeit jedoch die Handlung (und nicht der/die/das Handelnde) im Vordergrund, führt die Subjektbezogenheit des Aktivs zu einer unnötig einschränkenden Perspektivierung, die suggeriert, die betreffende Handlung wäre nur zusammen mit dem genannten Subjekt zu denken.

Um das Passiv zu bilden, wird das Subjekt der Aktivphrase zum Objekt und das Objekt zum Subjekt. Das Verb wird zusammen mit einer am neuen Subjekt orientierten Form von «ist» oder «werden» im Partizip II realisiert.

Reflexive Verben (zum Beispiel: «sich putzen», «sich umsehen» etc.), besitz- und wissensanzeigende Verben wie «haben» und «kennen», manche feststehende Nomen-Verb-Verbindungen sowie Verben, die ihr Partizip II mit «ist» bilden, können nicht als Passivphrase ausgedrückt werden. Das liegt meist daran, dass sie bereits im Aktiv mit einer passivähnlichen Bedeutung aufgeladen sind.

Quellen

1deutschplus-Grammatik: Genus Verbi, in: deutschplus.net, o. D., [online] https://www.deutschplus.net/pages/Genus_Verbi (Abgerufen am 04.10.2022)

2Ernst Klett Sprachen GmbH: Verben, die kein Passiv bilden, in: Ernst Klett Sprachen GmbH, 2019, [online] https://www.klett-sprachen.de/download/21288/Goethe_Zertifikat%20B2_Uebungsbuch_Verben_ohne_Passiv.pdf (Abgerufen am 04.10.2022)