Problemzentriertes Interview im Überblick

09.01.23 Interview Lesedauer: 6min

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Problemzentriertes-Interview-Definition

Das problemzentrierte Interview zählt zu den am häufigsten angewandten Interviewformen im wissenschaftlichen Bereich, da es ein strukturiertes Vorgehen mit grosser erzählerischer Offenheit kombiniert. Ein problemzentriertes Interview ist vor allem dann geeignet, wenn du bereits Vorwissen zur Thematik besitzt, das du mithilfe subjektiver Aussagen ergänzen und vertiefen möchtest.1 Hier haben wir für dich die wichtigsten Informationen gesammelt dargestellt.

Problemzentriertes Interview «einfach erklärt»

Bei einem problemzentrierten Interview stellt der Interviewer dem Befragten offene Fragen zu einem bestimmtem Thema. Das Gespräch kann durch den Interviewer bei Abschweifung zurück auf die Problemstellung gelenkt werden.

Definition: Problemzentriertes Interview

Ein problemzentriertes Interview ist eine qualitative wissenschaftliche Forschungsmethode, die darauf ausgerichtet ist, subjektive Ansichten und Erfahrungen zu einem bestimmten Thema oder Problem zu erfassen. Obwohl ein problemzentriertes Interview zu den theoriegenerierenden Methoden zählt, geht es sowohl deduktiv als auch induktiv vor.1

Problemzentrierte Interviews gliedern sich in drei Phasen:

  1. Begrüssung und Einleitung der Erzählphase und Gesprächseröffnung
  2. Verständnissicherung und Rückfragen
  3. Ad-Hoc-Fragen, die bereits vor dem Gespräch vorbereitet wurden

Als semistrukturiertes Interview verlässt sich ein problemzentriertes Interview grösstenteils auf die offene Erzählung der Befragten, jedoch gibt es stets eine zentrale Problemstellung, auf die du das Gespräch durch gezieltes Fragen zurücklenken kannst.

Problemzentrierte Interview vs. narratives Interview

Ein problemzentriertes Interview und ein narratives Interview verfügen über eine wichtige Gemeinsamkeit: Beide stellen die freie Erzählung der befragten Personen in den Vordergrund.

In unserer Tabelle findest du wichtige Unterschiede zwischen den Interviewformen.

Problemzentriertes Interview Narratives Interview
Fokus Konkrete Problemstellungen Biografische Erfahrungen
Gesprächsform Semistrukturiert Unstrukturiert
Unterbrechungen Jederzeit möglich Nicht in der Erzählphase
Vorgehen Deduktiv und induktiv Induktiv
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Aufbau des problemzentrierten Interviews

Ein problemzentriertes Interview gliedert sich in drei Phasen:

  1. Gesprächseröffnung
  2. Verständnissicherung und Rückfragen
  3. Ad-Hoc-Fragen

1. Gesprächseröffnung des Problemzentrierten Interviews

Ein problemzentriertes Interview beginnt stets mit einer Einführung in die Thematik. Dafür begrüsst du die befragte Person und stellst ihr eine offene Einstiegsfrage oder forderst sie auf, etwas Bestimmtes zu erzählen. So gibst du ihr die Möglichkeit, dort mit der Erzählung einzusteigen, wo sie es für sinnvoll halten. Dieser erste Teil des Gespräches erinnert stark an das narrative Interview.

Beispiel: Gesprächseröffnung eines problemzentrierten Interviews

Einführung
Hallo, ich würde dich heute gern zum Thema Wahlmotivation bei jungen Menschen befragen.

Einstiegsfrage
Möchtest du erzählen, wieso du dich entschieden hast, in diesem Jahr wählen zu gehen?

2. Verständnissicherung und Rückfragen

Hat die befragte Person ihre Erzählung beendet, ist die Zeit gekommen, um Nachfragen zu stellen. Mit diesen verfolgst du das Ziel, die subjektiven Schilderungen der Befragten logisch nachzuvollziehen und eventuelle Unklarheiten aus dem Weg zu räumen. Dafür eignet sich am besten eine Fragetechnik, die Detaillierungen direkt einfordern.

Beispiel: Formulierungen der Fragentechnik

  • Wie lief das im Detail ab?
  • Kannst du das genauer erklären?

Es gibt drei Formen der Verständnissicherung beziehungsweise Rückfragen:

Problemzentriertes-Interview-Arten-von-Rückfragen
  •  Zurückspiegelung: Hier gibst du die Erzählungen der befragten Person in eigenen Worten wieder, sodass die Person deine Interpretation bestätigen oder korrigieren kann.

Beispiel: Zurückspiegelung

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist es folgendermassen passiert: XY. Stimmt das?

  • Verständnisfragen: Wenn dir etwas unklar ist oder du eine Schilderung stärker eingrenzen möchtest, kannst du Verständnisfragen stellen.

Beispiel: Verständnisfragen

Gerade hast du das Ereignis XY erwähnt. Wie ist das genau abgelaufen?

  • Konfrontation: Ist dir ein Widerspruch in der Erzählung der befragten Person aufgefallen, kannst du sie mithilfe der Konfrontation darauf ansprechen und darum bitten, dass die Person ihre Ansichten noch einmal erklärt.

Beispiel: Konfrontation

Gerade hast du XY erwähnt, aber vorhin hast du über YZ gesprochen. Wie passen diese beiden Dinge für dich zusammen?

Von Bedeutung ist für alle drei Formen der Rückfragen, dass sie sinnvoll in die Interviewsituation integriert werden. Du musst dich als interviewende Person um eine gute Gesprächsatmosphäre bemühen und selbst bei kritischen Rückfragen dafür sorgen, dass das inhaltliche Interesse spürbar bleibt. Ausserdem solltest du dir dessen bewusst sein, dass Diskrepanzen in der Schilderung der Befragten durch soziale oder historische Widersprüche entstanden sein können und somit nicht immer auflösbar sind.

3. Ad-hoc-Fragen des Problemzentrierten Interviews

Ad-Hoc-Fragen ergeben sich nicht aus dem Interviewverlauf, sondern wurden bereits vor dem Gespräch vorbereitet. Es handelt sich hierbei um Fragestellungen, die für ein problemzentriertes Interview von zentraler Bedeutung sind, aber erst im späteren Verlauf des Gespräches erwähnt werden sollten, um die Befragten nicht zu unterbrechen. Zusätzlich soll durch die Ad-Hoc-Fragen Vergleichbarkeit zwischen mehreren Interviews zur gleichen Thematik hergestellt werden.

Beispiel: Ad-Hoc-Fragen 

  • Wie hast du als Jugendlicher über das Thema XY gedacht?
  • Was könnte man deiner Meinung nach gegen das Problem XY tun?

Leitfaden des problemzentrierten Interviews

Ein problemzentriertes Interview bildet ein Spannungsfeld aus deduktivem Vorwissen und der induktiven Ergänzung durch neues Material. Daher macht es Sinn, einen Leitfaden zu formulieren, mit dem du die zu untersuchende Thematik in Kernfragen festhältst.1

Beispiel: Leitfaden für ein problemzentriertes Interview

Thema: Wahlmotivation bei jungen Leuten

Begrüssung
Hallo, schön, dass du hier bist. Mein Name ist Max Mustermann. Heute möchte ich dich zum Thema Wahlmotivation bei jungen Menschen befragen.

Gesprächseröffnung
Möchtest du mir erzählen, was dich dazu gebracht hat, in diesem Jahr wählen zu gehen?

Verständnissicherung und Rückfragen
Du hast gerade erwähnt, dass du als Jugendlicher oft das Gefühl hattest, keinen Einfluss auf politische Entscheidungen zu haben. Kannst du mir ein Beispiel für eine solche Situation geben?

Ad-Hoc-Fragen
Findest du, das Wahlalter sollte heruntergesetzt werden?
Was, glaubst du, könnte man tun, um mehr junge Menschen zum Wählen zu motivieren?
Wie informierst du dich über das politische Geschehen?

Abschluss
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Hast du noch eine Frage an mich?

Auswertung des problemzentrierten Interviews

Es gibt keine festen Vorgaben dafür, ein problemzentriertes Interview auszuwerten.
Anzuraten ist jedoch, das Interview zuerst mithilfe einer Tonaufzeichnung zu transkribieren. Im Transkript können neben den Gesprächsinhalten auch nonverbale oder situative Aspekte festgehalten werden.

Im Anschluss kannst du das Interview kodieren und in unterschiedliche inhaltliche Kategorien unterteilen. Hast du mehrere Interviews geführt, bietet es sich an, sie zunächst einzeln zu analysieren und dann anhand der Kategorien miteinander zu vergleichen.

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Häufig gestellte Fragen

Forschungsmethode zur Erfassung von Erfahrungen oder Meinungen. Die interviewende Person stellt zunächst offene Fragen, kann das Gespräch aber immer wieder auf die zu untersuchende Problemstellung zurücklenken.

Das Ziel des problemzentrierten Interviews besteht darin, die Erfahrungen oder Ansichten der Befragten zu einer bestimmten Thematik zu erfassen, die in einer wissenschaftlichen Arbeit behandelt wird.

Ein problemzentriertes Interview durchläuft drei Phasen: Gesprächseröffnung, Verständnissicherung und Rückfragen, Ad-hoc-Fragen.

Wegen seiner Flexibilität und der offenen Fragen, wird ein problemzentriertes Interview zu den qualitativen Forschungsmethoden gezählt. Es wird sowohl deduktiv als auch induktiv gearbeitet.

Interviewformen stellen das freie Erzählen der Befragten in den Fokus. Ein problemzentriertes Interview erlaubt anders als das narrative Interview jedoch auch Unterbrechungen durch die interviewende Person.

Quellen

1 Kohlbrunn, Yvonne: Problemzentriertes Interview, in: Ruhr-Universität Bochum, o.D., [online] https://methodenzentrum.ruhr-uni-bochum.de/e-learning/qualitative-erhebungsmethoden/qualitative-interviewforschung/unterschiedliche-formen-qualitativer-interviews/problemzentriertes-interview/ (zuletzt abgerufen am 19.12.22)