Empirische Forschung – Leitfaden für deine Studienarbeit

09.02.18 Forschungsarten Lesedauer: 8min

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Empirische Forschung-01

Empirische Forschung bedeutet, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Demnach ist sie ein wesentliches Werkzeug der wissenschaftlichen Methodik, um durch die systematische Erhebung, Auswertung und Interpretation von Daten, Theorien und Hypothesen anhand von tatsächlichen Daten zu bestätigen oder zu widerlegen. Damit ist es Studierenden nicht nur möglich, fundierte Schlussfolgerungen zu ziehen, sondern auch ihren Kenntnisstand zu erweitern.

Empirische Forschung «einfach erklärt»

Empirische Forschung ist eine Methodik zur Datenerhebung, die auf beobachtbaren Phänomenen oder Erfahrungen basiert. Sie beinhaltet die Sammlung von Daten und deren Analyse, um Hypothesen zu testen oder Theorien zu entwickeln.

Definition: Empirische Forschung

„Empirie“ kommt vom altgriechischen Begriff „empeiria“ und bedeutet so viel wie „Erfahrung“, „langjährige Übung“, „Fertigkeit“ oder „Kenntnis“.

Unter empirischer Forschung versteht man die systematische Erhebung, Auswertung und Interpretation von Daten mithilfe von wissenschaftlichen Methoden, die schließlich Aussagen über die Realität zulassen.

Die empirische Forschung unterscheidet sich von anderen wissenschaftlichen Methoden insofern, dass empirische Sätze in der Realität überprüft werden können.

Aufgaben & Ziele

Für eine erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit genügt nicht allein das Beschreiben von Alltagserfahrungen. Zu einer guten empirischen Arbeit gehört es, im Rahmen einer empirischen Forschung wissenschaftliche Theorien zu überprüfen.

Die empirische Forschung bzw. empirische Sozialforschung dient also dazu, möglichst zutreffende Aussagen über die Realität zu treffen und sich auch hinsichtlich der Bachelorarbeit oder Masterarbeit mit wissenschaftlichen Ergebnissen kritisch auseinanderzusetzen.

Mit einer empirischen Forschung könnten folgende Ziele zusammenhängen:

  • Beschreibung bzw. Erklärung eines wissenschaftlichen Problems
  • Beschreibung einer Veränderung
  • Abgabe einer Prognose

Zwei zentrale Aufgaben der Empirie sind dabei die Entwicklung von neuen Theorien (Hypothesenentwicklung) und die Überprüfung von bestehenden Theorien (Hypothesenprüfung).

Aufgaben-und-Ziele-der-empirischen-Forschung

Beachte: 

Als Voraussetzung für eine empirische Forschung müssen die drei Gütekriterien gegeben sein:

  • Objektivität (= Nachprüfbarkeit: Gelten die Forschungsergebnisse unabhängig von der forschenden Person?)
  • Reliabilität (= Zuverlässigkeit: Gelten die Forschungsergebnisse auch bei einer Forschungswiederholung?)
  • Validität (= Gültigkeit: Wurde das erforscht, was erforscht werden soll? Beantworten die Forschungsergebnisse die Forschungsfrage?)

Methoden der Empirie

Die Erkenntnisse der empirischen Forschung können grundsätzlich aus zwei verschiedenen Arten der Messung und Auswertung gewonnen werden:

  1. Quantitative Forschung
  2. Qualitative Forschung

Durch quantitative Methoden sollen möglichst viele Daten erhoben werden. Die qualitativen Forschungsmethoden hingegen zielen auf die Erhebung von möglichst genauen Daten ab.

Während bei quantitativen Forschungsmethoden die Fragen standardisiert und daher eine schnelle Verarbeitung einer großen Datenmenge möglich ist, gehen die Fragen bei der qualitativen Forschung eher in die Tiefe, wodurch neues Wissen gewonnen werden kann.

Das bedeutet, dass es ganz auf die Ausrichtung deiner Bachelorarbeit oder Masterarbeit ankommt, welche Methode zur empirischen Forschung bzw. empirischen Sozialforschung für dich die Richtige ist.

Überblick der Methoden

Quantitative Forschungsmethoden Qualitative Forschungsmethoden
Beschreibung
  • Beobachtung
  • (physiologische) Messungen
  • Zählungen
  • Experiment
Vorgehen
  • induktives Vorgehen
  • Hypothesenüberprüfung
  • deduktives Vorgehen
  • Hpothesenentwicklung
Voraussetzung
  • kleine Probandenzahl ausreichend
Untersuchungsanordnung
  • experimentell
  • nicht-experimentell

Darüber hinaus wird zwischen den folgenden vier Untersuchungsmethoden der empirischen Forschung unterschieden. Diese Untersuchungstypen unterscheiden sich im Ziel und im Vorgehen.

Die vier Untersuchungstypen einer empirischen Forschung:

Untersuchungstypen Ausgangssituation/Ziel Vorgehen
explorative Untersuchung keine spezifische Vermutung hypothesenerkundend
deskriptive Untersuchung Schätzung von Häufigkeiten hypothesenprüfend
Prüfung von Hypothesen/Theorien Reduzierung von Unsicherheiten hypothesenprüfend
Evaluationsforschung Ermittlung vom Grad der Wirksamkeit hypothesenprüfend

Tipp:

Bevor du eine empirische Forschung für deine Bachelorarbeit oder Masterarbeit startest, mache dir am besten Gedanken, was, warum und wie du forschen willst. Überlege dir dazu, ob du mit deiner Forschung neue Theorien aufstellen (qualitative Forschung) oder vorhandene Theorie überprüfen möchtest (quantitative Forschung).

Willst du eher tiefe Erkenntnisse sammeln, ist eine qualitative Erhebung sinnvoll. Wenn du jedoch viele Ergebnisse miteinander vergleichen möchtest, ist eine quantitative Erhebung besser für deine Arbeit geeignet.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Der idealtypische Ablauf einer empirischen Forschung setzt sich insgesamt aus fünf Schritten zusammen:

Schritt-für-Schritt Anleitung empirische Forschung

Schritt 1: Formulierung und Präzision der Forschungsfrage

Zu Beginn der empirischen Forschung steht die Frage im Fokus:

Was und warum soll empirisch erforscht werden?

Eine gute Forschungsfrage entwickelt sich meistens aus:

  • wissenschaftlicher Literatur
  • einer Idee heraus
  • einem praktischen Problem heraus oder
  • einem Auftraggeber

Die Forschungsfrage wird dann entweder deskriptiv (wertneutral/beschreibend) oder mit einer Hypothese (Vermutung) formuliert.

Beispiel: Deskriptive Hypothese

Thema: Leistungsdruck in der Schule

«In der Schule herrscht so hoher Leistungsdruck, dass den Schülern nicht ausreichend Zeit für Freizeitaktivitäten bleibt.»

Beispiel: Unterschiedshypothese

Fragestellung: Lernen Schüler besser mit Grafiken und Tabellen oder mit Texten?

«Schüler lernen mithilfe von Grafiken und Tabellen besser als mit Texten.»

Beispiel: Zusammenhanghypothese

Fragestellung: Wie hängt das Bildungsniveau der Eltern mit der Leseleistung von Schülern zusammen?

«Je höher das Bildungsniveau der Eltern ist, umso besserer können SchülerInnen lesen.»

Weitere Beiträge zur Forschungsfrage

Schritt 2: Vorbereitung und Planung der Datenerhebung

Im zweiten Schritt der empirischen Forschung stehen folgende Fragen im Fokus:

Wie soll empirisch geforscht und wie können Teilnehmer gefunden werden?

Wichtig:
Zur Vorbereitung der empirischen Forschung und auch empirischen Sozialforschung müssen alle relevanten Begriffe definiert und operationalisiert (messbar) werden.

Beispiel: Operationalisieren des Begriffes „Leistungsdruck“

  • Schulanforderungen möglichst genau messen
  • Freizeitverhalten und Freizeitwünsche messen
  • Als Nächstes werden Untersuchungstyp und Untersuchungsmethode für die empirische Forschung festgelegt (z.B. Querschnittstudie und Längsschnittstudie, Individual- oder Kollektivstudien, Trend-, Panel- oder Kohortenstudien).
  • Dann wird die Art und der Umfang der Stichprobe festgelegt: Wer soll befragt/beobachtet und was und wie viel soll gemessen werden?

In jeden Fall solltest du einen Pretest durchführen. Mit dem Pretest überprüfst du dein Erhebungsinstrument für die empirische Forschung (z.B. Fragebogen, Interviewleitfaden oder ein Beobachtungsschema).

Im Pretest zeigen sich Probleme des Erhebungsinstruments (z.B. unkonkrete, missverständliche oder mehrdeutige Fragen oder eine unlogische Reihenfolge der Fragen). Nach dem Pretest hast du die Möglichkeit diese Probleme bei der eigentlichen empirischen Forschung bzw. empirischen Sozialforschung zu vermeiden.

Damit du am Ende ein zufriedenstellendes Erhebungsinstrument auswählst, sind nicht selten zwei oder mehrere Pretests notwendig.

Beachte:
Die Personen, die du für deine Pretests ausgewählt hast, können für die Durchführung deiner Erhebung nicht mehr zur Verfügung stehen. Unbedingt sollten jedoch Personen ausgewählt werden, die deiner Stichprobe entsprechen (also gleiche Merkmale aufweisen).

Schritt 3: Datenerhebung – Interviewleitfaden oder Umfrage erstellen

Um empirische Forschung möglich zu machen, werden Daten benötigt. Für die Datenerhebung steht die Frage im Fokus:

Wozu soll geforscht werden?

Unterschieden wird dabei zwischen dem Erheben von primären und sekundären Daten. Während primäre Daten neu erhoben werden müssen, wurden sekundäre Daten in einer anderen Erhebung bereits gewonnen und liegen deshalb schon vor.

Beachte:

Welches Verfahren sich für deine Bachelorarbeit oder Masterarbeit eignet, hängt von der Forschungsfrage und dem Ziel der empirischen Forschung ab.

Für die Datenerhebung wählst du daher eine Methode der empirischen Sozialforschung aus: Je nach Forschungsfrage führst du z.B. eine Befragung, eine Beobachtung oder eine Messung durch. Wähle deine empirische Forschungsmethode aber nicht alleine nach deiner Vorliebe aus! Fragebögen zu erstellen, ist z.B. nicht immer die geeignete Methode für eine empirische Forschung.

Schritt 4: Datenauswertung und Datenanalyse

Nachdem analysefähige Daten erhoben wurden, sogenannte Rohdaten, und die Daten auch auf eventuelle Fehler überprüft worden sind, erfolgt die Datenanalyse.

Die Datenanalyse ist in der empirischen Forschung ein entscheidender Schritt. Da die Datenmengen häufig sehr groß sind, ist es sinnvoll, sich eine geeignete Software zu Hilfe zu nehmen (w. z.B. SPSS zum Auswerten von Fragebogen, AmberScript für die Transkription oder MAXQDA zum Auswerten von Interviews).

Bevor die Software aber zum Einsatz kommen kann, müssen die Rohdaten für die statistische Datenanalyse aufbereitet, d.h. tabelliert oder kategorisiert werden. Dafür können entweder Indizien, Skalenwerte gebildet oder eine Itemanalyse bzw. eine Zusammenhanganalyse vorgenommen werden.

Die Wahl der geeigneten Vorgehensweise richtet sich nach dem Anliegen und Ziel der Forschungsfrage sowie nach der Wahl der Datenerhebung für die empirische Forschung.

Beachte:
Die erhobenen Daten müssen so ausgewertet und analysiert werden, dass mehrere Forscher, Experten oder auch Laien und die Befragten selbst die Ergebnisse nachvollziehen können und als zutreffend erklären.

Schritt 5: Visualisierung der Ergebnisse (z. B. Diagramme erstellen) und Berichterstattung

In einer empirischen Arbeit darf die Präsentation der Ergebnisse der empirischen Forschung nicht fehlen.

Häufig ist die Visualisierung der Ergebnisse mithilfe von Tabellen oder Grafiken sinnvoll. Die Ergebnisse wirken dadurch übersichtlicher und sind für den Leser verständlich dargestellt.

Tipp:
Der Bericht über die Ergebnisse der Forschung sollte die verwendete Methode (Stichprobe, Material und Durchführung), die Ergebnisse, die Diskussion der Ergebnisse sowie die verwendete Literatur beinhalten. Am Ende deines Berichts solltest du auf die praktische Anwendung oder Umsetzung der Ergebnisse eingehen.

Zusammenfassung

  • Grundsätzlich gibt es für die Bachelorarbeit bzw. Masterarbeit zwei Möglichkeiten eine wissenschaftliche Fragestellung zu beantworten: Neben der theoretischen Forschung mithilfe von philosophischen Methoden der Hermeneutik, Phänomenologie, Logik oder Sprachanalysen kann eine Fragestellung durch empirische Forschung bzw. empirische Sozialforschung beantwortet werden.
  • Empirische Forschung bzw. empirische Sozialforschung gehört zu den grundlegenden Fertigkeiten wissenschaftlichen Arbeitens aller Fachbereiche.
  • Unter dem Begriff werden das methodische Erheben von Daten und die systematische Auswertung von Daten verstanden.
  • In deiner Bachelorarbeit sollte die Methode deiner empirischen Forschung, die Ergebnisse und deren Diskussion beschrieben werden.
  • Eine empirische Forschung bzw. empirische Sozialforschung sollte in fünf Schritten aufgebaut werden:

1. Forschungsfrage formulieren

2. Vorbereitung der Datenerhebung

3. Datenerhebung

4. Datenauswertung und Datenanalyse

5. Visualisierung der Ergebnisse.

  • Für die Datenanalyse, den vierten Schritt in einer empirischen Forschung, solltest du immer den Zweck der Ergebnisse im Blick haben.

Häufig gestellte Fragen

Empirische Forschung ist im Gegensatz zur Literaturrecherche deutlich praxisorientierter. Denn bei der empirischen Forschung werden selbstständig Daten erhoben, beispielsweise durch eine Umfrage oder ein Experteninterview. Bei dieser Art von Forschung stammen deine Ergebnisse nicht nur aus bestehender Literatur.

Das Wort empirisch kommt aus dem Griechischen und bedeutet «Erkenntnis» oder «Erfahrung». Bei dieser Art der Forschung werden Daten für deine Bachelorarbeit erhoben, ausgewertet und interpretiert. Deswegen fällt es vielen Studierenden um einiges leichter empirische Forschung zu betreiben, da sie etwas praxisorientierter ist.

TIPP: Da du bei einer empirischen Arbeit häufig auf Fragebögen zurückgreifst, erfährst du bei uns wie du einen Fragebogen erstellen kannst.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten empirische, qualitative Forschung zu betreiben. Beispiele hierfür sind Experteninterviews oder Gruppeninterviews. Allerdings ist das quantitative Arbeiten auch eine Art der empirischen Forschung. Dazu zählen Online-Umfragen oder Experimente.

Eine Studie ist empirisch, wenn deine Forschung reliabel und valide ist. Das bedeutet, dass die Forschung auch bei einer Wiederholung zum selben Ergebnis kommen würde.

Außerdem muss sichergestellt sein, dass das Forschungsergebnis für deine Bachelorarbeit die Forschungsfrage beantwortet. Das sind Grundsätze, die bei der empirischen Forschung erfüllt sein müssen.

Eine empirische Forschung muss gut geplant sein! Deswegen eignet sich die Unterteilung in 5 Schritte:

  1. Zuerst muss eine Forschungsfrage formuliert und die Datenerhebung vorbereitet werden.
  2. Anschließend müssen die Daten erhoben, ausgewertet und visualisiert werden.